Von der Praktikantin zur Chefin
Lange bei einem Arbeitgeber bleiben, einen ganz geraden Berufsweg gehen – das ist schon lange etwas aus der Mode gekommen. Anna Bartels, Leiterin des Birkenhofes in Loxstedt, ist da eine Ausnahme. Und sie ist ein Beispiel dafür, wie wichtig für die eigene Entwicklung die Menschen sind, mit denen einen das Leben zusammenführt. Von der Praktikantin bis zur Einrichtungsleitung – die Geschichte einer jungen Frau und Mutter und ihrer beeindruckenden Karriere bei der AWO Bremerhaven.
Ich bin familiär überhaupt nicht vorbelastet – niemand aus meiner Familie übt einen sozialen Beruf aus. Aber ich wollte nichts anderes – ich wollte nie was anderes.
Anna Bartels, Einrichtungsleitung AWO Birkenhof
Die junge Anna war gerade 14 Jahre alt, als sie in der 8. Klasse ein dreiwöchiges Schulpraktikum in der AWO-Pflegeeinrichtung Lotte-Lemke-Haus in Bremerhaven absolvierte. Und das hat ihr so gut gefallen, dass sie zwei Jahre später ihre Herbstferien opferte: „Um mit den Bewohnerinnen der Villa Schocken zwei Wochen lang zu spielen, zu singen, zu basteln und zu erzählen – das war sehr schön“, erinnert sie sich. Schon damals traf Anna auf einen ihrer Förderer – der damalige Einrichtungsleiter erkannte sowohl ihr Talent als auch die Ernsthaftigkeit ihres Berufswunsches und erklärte ihr, wie und wo sie sich bei der AWO zur Pflegefachkraft ausbilden lassen kann. Doch mit 16 Jahren war sie noch etwas zu jung für die Ausbildung an der AWO-eigenen Ursula-Kaltenstein-Akademie.
„Aber ich wollte nichts anderes – ich wollte nie was anderes“, erzählt Anna Bartels und schmunzelt. Warum das so ist, kann sie sich nämlich nicht erklären: „Ich bin familiär überhaupt nicht vorbelastet – niemand aus meiner Familie übt einen sozialen Beruf aus.“ Also schnell noch das Fachabitur gemacht und rein in die Ausbildung, gekrönt und abgeschlossen als examinierte Pflegefachkraft (heute heißt der Beruf Pflegefachfrau/-mann) im Jahr 2024. Danach folgt tatsächlich ein zweimonatiger Bruch in Annas sonst lückenloser AWO-Historie: „Ich bin bei einem anderen Arbeitgeber angefangen und habe mich gewundert, dass es dort keine langjährigen Mitarbeiter gab – da stimmte für mich was nicht.“
Und so führte der Weg sehr schnell wieder zurück zur AWO, genauer gesagt zurück in die Villa Schocken an der Wurster Straße. Dort traf sie erneut auf Aldona Dongowski, ihre Praxisanleiterin während der dreijährigen Ausbildung. Und die nahm sie als Pflegedienstleitung sofort unter ihre Fittiche: „Aldona hat mich von Anfang an sehr gefördert und gefordert, sie hat mich in jeder Weise unterstützt – ich habe ihr unendlich viel zu verdanken. Aber es gab auch noch andere Führungskräfte bei der AWO, die immer auf meiner Seite waren und mir Vieles ermöglichten.“
„Es gab tatsächlich ganz kurz mal Zweifel“
Um ihr Wissen weiterzugeben, absolvierte Anna Bartels die Ausbildung zur Praxisanleiterin, zwei Jahre später den Lehrgang zur „Verantwortlichen Pflegefachkraft“ – die Voraussetzung dafür, dass sie Nachfolgerin von Aldona Dongowski werden konnte, als diese zur Leiterin der Villa Schocken ernannt wurde. Drei Jahre arbeitete Anna Bartels dann ab Januar 2020 als Pflegedienstleitung in der Villa – also auch in der herausfordernden Corona-Zeit.
„Es gab tatsächlich ganz kurz mal Zweifel“, erzählt Anna Bartels, „das war im Jahr 2023, als ich wegen einer Vakanz für einige Monate eine unserer Einrichtungen in Cuxhaven leiten musste. Da war ich kurzzeitig durchaus offen für andere Angebote – aber im Nachhinein betrachtet, hat mir die Zeit dort doch sehr gutgetan, hat mich weitergebracht und ich bin bei der AWO geblieben.“ Und das ist für Anna Bartels nicht nur eine Frage von Arbeitsvertrag, Position und Gehalt: „Die Grundwerte der AWO als Wohlfahrtsverband – Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz – vertrete ich zu 100 Prozent und ich würde nur ungern für ein Unternehmen arbeiten, das rein wirtschaftliche Interessen verfolgt.“ Nach fünf Monaten in Cuxhaven wurde die Leitungsstelle im Birkenhof frei – kein Wunder, dass die Geschäftsleitung Anna Bartels dafür engagierte. Das war im Oktober 2023.
Die Frage, ob sie in vier Worten erklären könne, was sie an ihrer jetzigen Position als Leiterin einer Einrichtung mit 60 Bewohner*innen, angeschlossener Tagespflege und betreutem Wohnen mit 88 Mitarbeitenden schätzt, beantwortet die 32-Jährige: „Ich kann etwas bewegen! Für die Bewohner*innen, für die Beschäftigten und die Angehörigen. Das ist wunderbar. Und ich mag es sehr, mit Menschen zu arbeiten, die nach vorne denken.“
Aber so dann und wann – das fügt sie hinzu – „… vermisse ich es doch, einfach mal am Bett eines/einer Bewohner*in zu stehen und ein wenig zu plaudern.“